Samstag, 27. April 2013

Drachen, Azaleen und Glyzinien

Der April startete gemütlich mit einem Besuch beim Ghibli-Museum. Für alle, die sich nicht mehr daran erinnern:  Hier geht's zur genauen Beschreibung vergangener Besuche. ;)
Diesmal habe ich mir aber auch den Inokashira-Park angeschaut, an dem das Museum gebaut ist. Für Tokyoter Verhältnisse ist es ein großer Park, mit Spielplätzen und Kirschblüten und sogar einem kleinen See. 

Ich stehe vor dem kleinen See, in dessen Mitte sich ein kleiner Benzaiten-Schrein befindet (ürsprüngl. indische Gottheit, die u.a. für Wasser, Musik und Lernen steht

Der Parkbesuch diente auch als geistige Entspannungsübung, bevor es zum genauen Gegenteil überging. Oh yeah: Ich habe mich dazu überreden lassen, in ein Dome-Konzert zu gehen. Der koreanische Künstler G-Dragon sollte am 21. April den 34.000 Leute fassenden Saitama Seibu Dome (eigentl. Baseballstadion) zum beben bringen und ich habe beschlossen, mir das mal anzuschauen. Was gibt es dazu zu sagen? 

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1. Die Japaner sind Gruppentierchen. Ja, das ist nicht neu. Aber es nimmt doch immer wieder erstaunliche Dimensionen an. Zum einen ist damit die Altersspanne der angereisten Fans gemeint: Ich dachte ja immer, dass sich die Zielgruppe von Popstars zwischen 12 und 29 befindet. Aber weit gefehlt - was die Tochter hört, muss sich die Oma auch anschauen. So oder so ähnlich scheint das Motto zu sein. Ich hatte ja noch an einen Scherz geglaubt, als ich auf dem Ticket las "Kinder unter 3 Jahren brauchen kein Ticket", aber kaum war ich vor Ort, fielen überall die blitzlichtenden Japaner auf, die im Quietsch-Niedlichkeitsanfall-Modus Kleinkinder im G-Dragon Hip-Hop-Outfit ablichteten. Ahja. Die Anzahl der offensichtlich über 30-jährigen Frauen war auch auffällig. 
Zum anderen sind Japaner schon irgendwie natürlicherweise mit Scheuklappen ausgestattet. Wie nicht anders zu erwarten bei 34.000 Leuten (ja, es war im Prizip ausverkauft), war der Platz vor dem Dome grausam überfüllt und die Schlangen an den Essensständen und Toiletten waren unverhältnismäßig lang. Aber kaum lief man 10 Meter weiter und über die Straße, konnte man sich problemlos an den drei Ständen cleverer Essbudenbesitzer sein Essen kaufen, ohne stundenlang in der Schlange zu stehen. Ich muss das aber nicht verstehen, nur wissen und ausnutzen. ;) 

2. Großkonzerte sind irgendwie.. anders. Aber on vorne: Ich hatte mich sehr spät zum Kartenkauf entschieden und muss wohl eine  der letzten bekommen. Das hieß im Klartext, dass ich den allerletzten Platz auf der Tribüne gaaaaanz weit weg oben hinten hatte. Was hieß, dass hinter mir und links neben mir keiner war (Gangplatz). Hm.. der Dome ist übrigens überdacht, hat aber keine Wände, was zu Folge hatte, dass und allen arschkalt war (denn es gab einen plötzlichen Temperaturabfall auf 10° -.-). Als das Konzert anfing, konnte ich noch gar nicht glauben, dass so viele Massen versammelt waren und ehrlich gesagt entspricht die Atmosphäre am Anfang eher einem Kinobesuch. Man starrt ja eh nur auf die Leinwand, die die Entfernung aber auch nur mäßig überbrückt. Am Anfang habe ich noch gedacht, dass das Konzert wohl nicht so doll werden wird. Im Prinzip schien es egal zu sein, ob der Künstler nun da war oder nicht, denn man sah kaum etwas, was auch bewirkte, dass es irgendwie nicht real erschien. Und die Songs verlangten auch ine Menge Playback-Einspielung, von daher.. Aber als ein oder zwei Songs gespielt waren, entfaltete sich so eine komische Massenwirkung - da alle auf die Bühne starrten und jubelten, entstand irgendwie doch das Gefühl, mittendrin zu sein statt nur dabei. Und obwohl sich an den Fakten nichts geändert hatte, war man ab dem dritten Song doch überzeugt, dass der Künstler wirklich auf der Bühne stand, einfach weil alle der Meinung waren, dass es so war. Macht das Sinn? Na, so war es jedenfalls.

 Das Gute an Popkonzerten ist jedenfalls, dass sie lange dauern. Inklusive einer eher unfreiwillig langen Zugabe hatten wir wohl 2,5 h unseren Spaß. Aber da war G-Dragon auch selbst schuld: Nachdem er sich eigentlich schon verabschiedet hatte, ließ er sich doch noch einmal erweichen und erlaubte einem Fan, den letzten Zugabe-Song zu benennen. Das Mensch war aber gewitzt und wählte einen Song, der im Konzert zusammen mit einem weiteren dargeboten worden war. Und da der Song wohl nur in dieser Kombination eingespielt war, musste GD also zwei Songs singen. ;) Das Konzert endete also mit viel Gelächter, denn GD spielte den Beleidigten und stand am Ende nicht mehr auf, weil der Fan ihn reingelegt hatte und so musste er an allen vieren aus dem Konzert getragen werden. Auch ein möglicher Abgang ;). Im Endeffekt war es also doch ein gutes Konzert, auch wenn ich kleinere Hallen definitiv bevorzuge.
    
3. Japaner sind Meister der Transportation und Organisation. Nicht nur, dass ich die fast 2 h von Yokohama nach Saitama (im Norden von Tokyo) mit nur zweimal Umsteigen meistern konnte, allein die Tatsache, dass die Massen zu 90% in einem Zeitfenster von 2 h mit der Bahn kommen und gehen konnten, war bewundernswert. Der Minuspunkt: Wer die beschissensten Plätze hatte, durfte auch als letztes raus. :( Als das Konzert vorbei war, verriegelten die Ordner die Durchgänge und dann gab es Anweisungen, welche Blocks in welcher Reihenfolge raus durften. Als ich am Bahnhof war, waren also schon 20. Min. vergangen und 30.000 Mann vor mir da (gewesen). Trotzdem ergatterte ich einen Sitzplatz - in der Bahn, die erst in einer Stunde losfahren würde. War mir egal, hatte ja meine geliebten Vokabeln. ;) Ich konnte also staunend beobachten, wie sich innerhalb von einer Stunde die Massen in die Züge verfrachteten, obwohl nur ca. alle 15 Min. einer fuhr, denn wir waren doch ziemlich irgendwo im nirgendwo. Als meine Bahn losfuhr, war fast niemand mehr auf dem Bahnsteig, wer hätte das gedacht.   
Nach diesem doch eher erschöpfenden Bad in der Menge jedenfalls stand wieder Natur auf dem Programm. Obwohl die Kirschblüten nun schon eine Weile weg sind, muss der Tokyoter aber trotzdem nicht weinen, denn der April ist den Azaleen und Glyzinien vorbehalten. Wie meine Mutti mich freundlicherweise unterrichtete, war der unbekannte Busch im letzten Eintrag ersterer Art. Danke, Mutti. :) Den Azaleen auf der Spur, begibt man sich laut Internet am besten zum Nezu Jinja, was ich am 25. April gern gemacht habe. Leider war ich vielleicht doch noch etwas früh, oder die verschiedenen Arten blühen nicht zur gleichen Zeit, jedenfalls war noch nicht alles am Blühen. Die Blümchen sind an einem Hand angepflanzt, von dem aus ein Druchgang aus roten Torii den Weg zum eigentlichen Schrein markiert.







Die Art im rechten Bild wurde im Übrigen nach der Mondscheinserenade benannt.

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Zum Glück war in an einem Wochentag da, denn die Vorbereitungen für das Matsuri (Fest), das anlässlich der Blüte natürlich nicht fehlen darf, liefen schon auf Hochtouren. Am Wochenende treten sich die Leute da bestimmt wieder tot. Jedenfalls ist der Kaiserpalast-Garten im Gegensatz zum Nezu-Schrein fast schon ein Geheimtipp. Das könnte auch daran liegen, dass der Gartenabschnitt mit den Blümchen echt schwer zu finden ist. Am 26. April war ich dann jedenfalls auch noch am Kaiserpalast, um für Mutti die Blümchen aufs Bild zu bannen. Am Palast angekommen, muss man erstmal das Tor finden, durch das man auch durch darf (schließlich ist ein Teil des Palastes natürlich Privatgelände - wohnen ja Leute da.) Der östliche Garten darf aber betreten werden, durch ein altes Tor, dass eine ähnliche Wirkung hat wie die roten Torii vor einem Schrein - In der Hochhauswüste des Regierungs- und Businessviertels erscheint das Tor wie der Eingang zu einer anderen Welt.

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Am Anfang sah es aber nicht sehr nach Blümchen auf. Der Großteil des "Gartens" ist eigentlich eine riesige Parkanlage innerhalb der alten Burgmauern, mit viel Bäumen und Gras.


Immerhin habe ich diese schöne Aussichtsplattform gefunden. Und ein paar hübsche Bäumchen mit Rabatten.

Ich vertrieb mir also die zeit damit, mit meiner Kamera zu spielen und die Farben ein bisschen knalliger zu machen.^^ Wobei das in Natura wirklich eher so aussah! Dann hatte ich aber endlich die richtige Fährte. Markiert durch eine Laterne aus der Meiji-Zeit, kommt man in einen anderen Gartenabschnitt.






 

Hübsch, was? Und da es nun schon spät ist, kommen die Glyzinien erst morgen (oder so).

Denn: Jetzt geht es nach TAIWAN! Jaha, 4.40 Uhr geht es los. @_@ Dafür haben wir dann aber noch den ganzen Sonntag bis zum einschließlich Freitag nächster Woche. Wir, dass sind ich und zwei Kommilitonen aus Halle. Der nächste Eintrag kommt dann also aus Taiwan! :)   

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